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Synonyme: Akute Bauchspeicheldrüsenentzündung
Die akute Bauchspeicheldrüsenentzündung findet sich gehäuft bei älteren Patienten, wobei Frauen zwei Mal häufiger betroffen sind als Männer. Die Erkrankung ist insgesamt als sehr ernst zu betrachten. Durch die Entzündung der Bauchspeicheldrüse (vgl. Abbildung) kommt es zu einer Freisetzung von Verdauungssäften, welche das Organ selber angreifen und zur Ausbildung eines Teufelskreises führen.
Die durch die Entzündung freigesetzten Verdauungsenzyme, welche normalerweise für die Eiweiss- und Fettverdauung verantwortlich sind, werden in der Bauchspeicheldrüse selber aktiv und fangen an, das Organ anzudauen. Die Folge ist eine Zerstörung von Organgewebe mit Blutungen durch die Eröffnung von Blutgefässen.
Zusätzlich bewirken die Enzyme eine Weitstellung der Blutgefässe im ganzen Körper, was in einem fortgeschrittenen Stadium ein Kreislaufversagen verursachen kann. Lokal können die weitgestellten Gefässe zu einer Minderdurchblutung des Bauchspeicheldrüsengewebes führen, was wiederum das Organ schädigt und zum Absterben von Gewebeteilen führt.
Die verminderte Durchblutung und das Vorhandensein von totem Gewebe begünstigen die Entstehung von Infektionen, was die Gesamtsituation weiter verschlechtert und zu einem lebensbedrohlichen Krankheitsbild führen kann.
Die Bauchspeicheldrüse besteht aus zwei in ihrer Funktion grundsätzlich verschiedenen Anteilen.
Der Hormon-produzierende endokrine Teil wird unterschieden vom Verdauungssaft-produzierenden exokrinen Teil. Unter den produzierten Hormonen ist vor allem das Insulin zu erwähnen, das für die Aufnahme von Zucker in die Zellen des Körpers verantwortlich ist. Bei der weit verbreiteten Zuckerkrankheit ist die Insulinproduktion eingeschränkt und der Zucker der Nahrung verbleibt in den Blutgefässen.
Gelegentlich ist der Hormon-produzierende Teil bei einer Bauchspeicheldrüsenentzündung mitbetroffen, und man findet Heisshunger, Schwitzen und Durst als Hauptsymptome eines erhöhten Blutzuckerspiegels.
Der grössere exokrine Teil der Bauchspeicheldrüse produziert pro Tag etwa 1,5 Liter Verdauungssaft. Dieses Sekret enthält Enzyme, die für die Verdauung von Fetten und Eiweissen der Nahrung verantwortlich sind und in einer inaktiven Vorform von der Bauchspeicheldrüse in den Dünndarm geleitet werden. Dort werden sie chemisch verändert und aktiviert, was die Verdauung der verschiedenen Nahrungsbestandteile ermöglicht. Die Produktion des Verdauungssaftes wird durch die Nahrungsaufnahme selber angeregt.
Bei einer Bauchspeicheldrüsenentzündung kommt es zu einer Freisetzung und Aktivierung von Verdauungsenzymen in der Drüse selbst, das Organ verdaut sich also quasi selber.
Auf Grund des Fehlens der Enzyme im Dünndarm ist die normale Fett- und Eiweissverdauung gestört und es kommt zu einer verminderten Aufnahme von lebenswichtigen Nährstoffen. Zusätzlich treten die Enzyme in die Blutbahn über und führen so fernab des eigentlichen Geschehens zu Komplikationen in Nieren und Lungen.
Auslösende Faktoren einer Bauchspeicheldrüsenentzündung sind sehr vielfältig und in manchen Fällen lässt sich gar kein ersichtlicher Grund dafür finden. Häufigste Ursachen für eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung sind jedoch der übermässige Konsum von Alkohol sowie das Vorliegen von Gallensteinen.
Der Alkohol und seine Abbauprodukte schädigen das Drüsengewebe direkt und führen so zu dessen Entzündung. Beim Vorliegen von Gallensteinen kurz vor dem Eintritt in den Dünndarm kann es zur Verstopfung des Bauchspeicheldrüsenganges kommen. Der durch diesen Gang fliessende Verdauungssaft staut sich in der Drüse und schädigt das Organ durch die freigesetzten Enzyme.
Zu den weniger häufigen Ursachen zählen unter anderem die Einnahme von gewissen Medikamenten sowie Stoffwechsel- und Infektionserkrankungen. Auch gewisse genetische Defekte können zum vermehrten Auftreten einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung führen.
Zu den Leitsymptomen gehören sich allmählich entwickelnde stärkste Bauchschmerzen. Die Schmerzen erreichen innerhalb einiger Stunden ihr Maximum und können für längere Zeit anhalten. Sie finden sich meist gürtelförmig um den Leib ziehend im Oberbauch, mit Ausstrahlung in den Rücken, manchmal auch den Brustraum.
Zusätzlich treten Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit auf. Die Bauchdecke ist bei der Untersuchung oft gummiartig gespannt und der Bauch mit Luft gefüllt. Nicht selten kommt es zum Auftreten von Fieber.
In einem stark fortgeschrittenen Stadium finden sich Atemnot, Blässe, Blutdruckabfall und Herzrasen. Dies sind Hinweise auf ein sich ausbildendes Kreislaufversagen und bedürfen dringend medizinischer Hilfe.
Zu Beginn erfolgt eine ärztliche Befragung über Symptome und Risikofaktoren sowie eine körperliche Untersuchung. Auf Grund von spezifischen Blutuntersuchungen lässt sich die Diagnose einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse meist vermuten.
Zur Bestätigung werden zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung sowie ein Röntgenbild des Bauch- und Brustraumes durchgeführt. In diesen bildgebenden Verfahren lässt sich eine Organvergrösserung, die Ansammlung von Flüssigkeit in Bauch- oder Brustraum sowie sonstige krankhafte Veränderungen von Lunge oder Organen des Bauchraumes feststellen. Ebenfalls ersichtlich wird das eventuelle Vorliegen von Gallensteinen sowie Verkalkungen der Bauchspeicheldrüse.
Die Computertomographie mit gleichzeitiger Verabreichung von Kontrastmittel in die Blutbahn ermöglicht eine Aussage über die noch durchbluteten Anteile der Drüse und somit über den Schweregrad der möglichen Komplikationen.
Besteht der Verdacht einer Infektion von abgestorbenen Organteilen, sollte die Drüse durch die Bauchdecke mit einer dünnen Nadel punktiert und die Gewebeprobe auf Bakterien untersucht werden. Diese Untersuchung wird Feinnadelpunktion genannt und erfolgt unter Sichtkontrolle während einer Ultraschalluntersuchung oder Computertomographie.
Die Therapie richtet sich grundsätzlich nach dem Schweregrad des Verlaufes der Erkrankung. In leichteren Fällen erfolgt die Verabreichung von Schmerzmitteln sowie Infusionen zum Ersatz von Flüssigkeit und Nahrung. Auf eine Nahrungsaufnahme sollte im Anfangsstadium vollständig verzichtet werden, um die Drüse nicht zur Produktion von Verdauungssaft anzuregen. Aus dem gleichen Grund wird häufig der bereits produzierte Magensaft mit einer Sonde aus dem Magen entfernt. Im weiteren Verlauf folgt dann ein allmählicher Kostaufbau.
Bei komplikationsreichen Verlaufsformen kann eine Verabreichung eines Antibiotikums zur Vorbeugung von Infektionen der Bauchspeicheldrüse angezeigt sein. Die Organsysteme werden in diesem Fall auf der Intensivstation überwacht.
Wenn wie oben beschrieben die Erkrankung weit fortschreitet und die Lunge sowie auch die Nieren beeinträchtig, können im Rahmen von lebensrettenden Massnahmen eine künstliche Beatmung sowie eine Nierenersatztherapie, welche in der Fachsprache auch Dialyse genannt wird, notwendig werden.
Zur Operation kommt es, wenn grössere Teile des Organs abgestorben sind oder sich infiziert haben. Bei dem chirurgischen Eingriff werden die geschädigten Organteile entfernt und der Bauchraum nach der Operation zur Verhinderung von weiteren Infektionen mit Schläuchen über einen längeren Zeitraum gespült.
Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist jedoch das Behandeln der zugrunde liegenden Ursache, sofern diese bekannt und eine Therapie möglich ist. So kann es notwendig sein, die häufig eine Pankreatitis auslösenden Gallensteine mitsamt der Gallenblase zu entfernen. Ist die Krankheit auf den übermässigen Konsum von Alkohol zurückzuführen, sollte nach einer durchgemachten Episode einer Bauchspeicheldrüsenentzündung unbedingt auf den Konsum von alkoholhaltigen Getränken verzichtet werden. Ansonsten besteht die Gefahr des mehrmaligen Auftretens der Entzündung der Drüse, was eine bleibende Einschränkung der Organfunktion mit schwerwiegenden Konsequenzen zur Folge hat.
Ist es zu einer ausgeprägten Schädigung von Drüsenanteilen gekommen, bleibt die Reduktion der Organfunktion auch nach dem Abklingen der Entzündung meist bestehen. Dies führt zur Minderung der Verdauungsleistung, wenn nicht die normalerweise von der Bauchspeicheldrüse produzierten Stoffe täglich in Form von Tabletten ersetzt werden.
Auch die Hormonproduktion der Bauchspeicheldrüse kann im Rahmen dieser Erkrankung beeinträchtigt sein, weshalb es aufgrund einer mangelnden Insulinproduktion zur Ausbildung einer Zuckerkrankheit kommen kann.
Weitere häufige Komplikationen sind die Ausbildung von Pseudozysten. Dabei kommt es im geschädigten Gangsystem der Drüse zu einer Abkapselung von Drüsensekret und Blut. Die Zyste nimmt im Verlauf an Grösse zu, kann platzen oder massiven Druck auf die Nachbarorgane mit Störungen der Nahrungspassage im Dünndarm verursachen. Zu den auftretenden Beschwerden gehören Druckgefühl im Oberbauch, Übelkeit, Erbrechen sowie Gewichtsverlust.
Wenn sich die Pseudozysten innerhalb von Wochen nicht zurückbilden oder Beschwerden verursachen, sollten sie in einer Operation entleert werden. Symptomatische Pseudozysten sollten in einer Operation entleert werden. Dies kann über eine innere Ableitung des Inhaltes in den Dünndarm oder über eine Punktion durch die Bauchdecke geschehen.
Autor/in: | Dr. med. Urspeter Knecht, Arzt | |
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Editor/in: | Prof. Dr. Kaspar Zgraggen | |
Keywords: | akute Bauchspeicheldrüsenentzündung, akute Pankreatitis, Entzündung, Bauchspeicheldrüse, Pankreas, Erkrankung der Bauchspeicheldrüse | |
ICD-10: | K85 | |
Zuletzt geändert: | 04.11.2016 | Zum Seitenanfang |
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