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Adrenogenitales Syndrom

Synonyme: AGS

Zusammenfassung

Beim adrenogenitalen Syndrom führt eine Veränderung der Erbinformation zu einem Ausfall der Glukokortikoidproduktion, einer Zunahme der Produktion männlicher Sexualhormone und einer Zunahme oder einem Ausfall der Mineralokortikoidproduktion in der Nebennierenrinde. Als Folge kann wegen der Zunahme der männlichen Sexualhormonproduktion bei Mädchen eine Vermännlichung aufreten und als Folge eines Mineralokortikoidmangels ist ein sogenanntes Salzverlustsyndrom bei Neugeborenen möglich. Die Diagnose des adrenogenitalen Syndroms kann meistens bereits wenige Tage nach der Geburt mit dem sogenannten Guthrie-Test gestellt oder ausgeschlossen werden. Zudem helfen das Gespräch, die körperliche Untersuchung und Messungen im Blut bei der Diagnose. Die Behandlung des adrenogenitalen Syndroms besteht aus einem Ersatz der Glukokortikoide und bei einem Mangel der Mineralokortikoide aus einem Ersatz der Mineralokortikoide.

Allgemeines

Beim adrenogenitalen Syndrom ist die Erbinformation der Betroffenen verändert. Diese Veränderung der Erbinformation wird in der Regel vererbt und ist bereits in der befruchteten Eizelle, die sich während der Schwangerschaft zum Kind entwickelt, vorhanden. Es gibt unterschiedliche Veränderungen der Erbinformation, die alle zu einem adrenogenitalen Syndrom führen können.
Durch die Veränderung der Erbinformation kann die Nebennierenrinde keine Glukokortikoide mehr herstellen. Die Menge an Glukokortikoiden im Blut sinkt. Der Glukokortikoidmangel im Blut wird von einem bestimmten Hirnareal und der Hirnanhangsdrüse wahrgenommen. Dieses Hirnareal und die Hirnanhangsdrüse sind für die Regulierung der Produktionsmenge in der Nebennierenrinde zuständig. Sinkt die Menge an Glukokortikoiden im Blut, bemerken dies das Hirnareal und die Hirnanhangsdrüse und befehlen der Nebennierenrinde, mehr Glukokortikoide zu produzieren.

Die Nebennierenrinde versucht den Befehl zwar auszuführen, kann aber wegen der Veränderung der Erbinformation einfach keine Glukokortikoide herstellen. Bei dem Versuch, den Befehl des Hirnareals und der Hirnanhangsdrüse trotzdem auszuführen, nimmt die Nebennierenrinde stark an Grösse zu. Aufgrund der veränderten Erbinformation kann die Nebennierenrinde aber weiterhin keine Glukokortikoide herstellen, egal wie gross sie ist. Der Glukokortikoidmangel im Blut bleibt deshalb bestehen und das Hirnareal und die Hirnanhangsdrüse befehlen der Nebennierenrinde weiterhin, mehr Glukokortikoide zu produzieren.

Die Substanz mit der das Hirnareal und die Hirnanhangsdrüse der Nebennierenrinde mitteilen, dass sie mehr produzieren soll, ist die gleiche für die Produktion von Glukokortikoiden, von Sexualhormonen und von Mineralokortikoiden. Befehlen also das Hirnareal und die Hirnanhangsdrüse bei einem Glukokortikoidmangel der Nebennierenrinde, mehr Glukokortikoide zu produzieren, nimmt in der Nebennierenrinde auch die Produktionsmenge von Sexualhormonen und von Mineralokortikoiden zu. Da die Nebennierenrinde sowohl beim Mann als auch bei der Frau hauptsächlich männliche Sexualhormone herstellt, ist ein Überschuss von Androgenen, den männlichen Sexualhormonen, und von Mineralokortikoiden beim adrenogenitalen Syndrom die Folge.

Es kann beim adrenogenitalen Syndrom je nach Veränderung der Erbinformation aber zusätzlich zur fehlenden Glukokortikoidproduktion auch die Produktion der Mineralokortikoide in der Nebennierenrinde gestört sein. Die Nebennierenrinde kann dann keine Mineralokortikoide herstellen. Ein Mineralokortikoidmangel mit einem sogenannten Salzverlustsyndrom tritt in diesen Fällen zum Glukokortikoidmangel und zum Androgenüberschuss hinzu.

Die Nebennieren

Abbildung: Nebennieren
Lage der Nebennieren, Darstellung der Nebennieren

Die Nebennieren sind zwei kleine lebenswichtige Organe, die im Bauchraum direkt oben auf  den Nieren liegen (siehe Abbildung). Die Nebennieren bestehen aus dem Nebennierenmark und der Nebennierenrinde. Dabei befindet sich im Innern der Nebenniere das Nebennierenmark. Umhüllt wird das Nebennierenmark von der Nebennierenrinde. Das Nebennierenmark und die Nebennierenrinde haben verschiedene Funktionen und arbeiten unabhängig voneinander.

Das Nebennierenmark bildet die Katecholamine Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin. Dies sind Stresshormone, die in Stresssituationen dafür sorgen, dass der Körper optimal reagieren kann, unter anderem indem sie ihm Energie zur Verfügung stellen. Die Nebennierenrinde bildet drei unterschiedliche Hormongruppen. In der äussersten Schicht der Nebennierenrinde werden sogenannte Mineralokortikoide wie Aldosteron produziert. Sie regulieren den Salz- und Wasserhaushalt im Körper.

In der mittleren Schicht der Nebennierenrinde werden sogenannte Glukokortikoide wie Kortisol hergestellt. Die Glukokortikoide haben zahlreiche Aufgaben im menschlichen Körper. Sie wirken auf den Zucker-, Eiweiss- und Fettstoffwechsel, den Wasser- und Salzhaushalt, das Bindegewebe und den Knochen, auf Entzündungsmechanismen und das Abwehrsystem, die Haut und das Knochenmark, das Herzkreislauf- und das Nervensystem. In der innersten Schicht produziert die Nebennierenrinde überwiegend männliche Sexualhormone, sogenannte Androgene, und nur sehr wenige weibliche Sexualhormone, sogenannte Östrogene. Die Sexualhormone sind an der Geschlechtsfunktion und der Ausbildung der weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmale beteiligt. Zur Produktion aller Hormone benötigt die Nebennierenrinde Cholesterin, welches einerseits vom Körper selbst hergestellt wird und andererseits im Darm aus der Nahrung aufgenommen wird.

Die Produktion von Katecholaminen im Nebennierenmark wird durch einen gewissen Anteil des Nervensystems gesteuert. Die Produktion von Mineralokortikoiden, Glukokortikoiden und Sexualhormonen in der Nebennierenrinde wird durch ein gewisses Areal des Gehirns, den Hypothalamus, und durch die Hirnanhangsdrüse geregelt. Die Herstellung von Mineralokortikoiden wird zudem durch die Nebennierenrinde selbst und durch einen komplizierten Regelkreislauf zwischen Niere, Blut und Nebennierenrinde, durch das sogenannte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System RAAS, gesteuert.

Symptome

Die Veränderung der Erbinformatin ist bereits in der befruchteten Eizelle vorhanden. So können Veränderungen durch das adrenogenitale Syndrom also schon während der Schwangerschaft auftreten und bei der Geburt vorhanden sein. Die Beschwerden, mit denen sich ein adrenogenitales Syndrom zeigt, hängen von der Veränderung der Erbinformation und der daraus hervorgehenden Veränderung der Hormonproduktion der Nebennierenrinde ab. Ein adrenogenitales Syndrom kann mit einem Glukokortikoidmangel, einem Androgenüberschuss, einem Mineralokortikoidüberschuss oder einem Mineralokortikoidmangel einhergehen.

Abbildung 1: Beschwerden bei einem Glukokortikoidmangel
Beschwerden bei einem Glukokortikoidmangel, Symptome bei einem Glukokortikoidmangel

Der Mangel an Glukokortikoiden zeigt sich mit einer breiten Palette von Beschwerden (siehe Abbildung 1), da die Glukokortikoide zahlreiche Aufgaben im menschlichen Körper haben. Sie wirken auf den Zucker-, Eiweiss- und Fettstoffwechsel, den Wasser- und Salzhaushalt, das Bindegewebe und den Knochen, die Entzündungsmechanismen und das Abwehrsystem, die Haut und das Knochenmark, das Herzkreislauf- und das Nervensystem. Ein Mangel an Glukokortikoiden zeigt sich mit einer Appetitlosigkeit, einem Gewichtsverlust und einer Unterzuckerung. Durch die fehlende Wirkung der Glukokortikoide im Herzkreislaufsystem ist der Blutdruck tief, so dass Schwindel beim Aufstehen und Ohnmachtsanfälle möglich sind. Zudem fallen durch den Mangel an Glukokortikoiden im Nervensystem eine chronische Schwäche und Ermüdbarkeit mit Verwirrungszuständen und Psychosen auf.

Abbildung 2: Vergrösserung des Kitzlers
Vergrösserung des Kitzlers, Symptome beim androgenitalen Syndrom, Anzeichen für ein androgenitales Syndrom

Meist geht ein adrenogenitales Syndrom mit einem Androgenüberschuss einher. Ein Überschuss an Androgenen, den männlichen Sexualhormonen, bewirkt bei Mädchen noch vor der Geburt eine Vermännlichung der äusseren Geschlechtsorgane. So nimmt der Kitzler, die sogenannte Klitoris, an Grösse zu (siehe Abbildung 2). In Extremfällen sind die äusseren Geschlechtsorgane bei Mädchen mit einem adrenogenitalen Syndrom sogar männlich, das heisst die Mädchen haben bei der Geburt keine Scheide sondern einen Penis.

Die äusseren Geschlechtsorgane der Knaben sind bei der Geburt unauffällig. Die inneren Geschlechtsorgane werden durch den Androgenüberschuss weder bei Mädchen noch bei Knaben beeinflusst. Die inneren Geschlechtsorgane sind trotz des adrenogenitalen Syndroms bei Mädchen immer weiblich (siehe Abbildung 3) und bei Knaben immer männlich. Wird das adrenogenitale Syndrom nach der Geburt nicht erkannt und behandelt, entwickeln die betroffenen Mädchen und Knaben zudem eine sogenannte Pseudopubertas praecox. Das bedeutet, dass sich durch den Überschuss an männlichen Sexualhormonen bei Knaben und Mädchen bereits im Kleinkindesalter Zeichen der Pubertät zeigen. Dazu zählen die Schambehaarung, eine unnatürliche Vergrösserung des Penis bei Knaben oder des Kitzlers bei Mädchen.

Der Überschuss an männlichen Sexualhormonen führt bei Mädchen zu einer Vermännlichung des äusseren Erscheinungsbildes. Das Längenwachstum ist bei der Pseudopubertas praecox ebenfalls beschleunigt. Es setzt früh ein, endet aber auch früh. So sind Betroffene eines adrenogenitalen Syndroms verglichen mit Gleichaltrigen im Kindesalter gross, im Erwachsenenalter dann aber klein. Weitere Beschwerden können Akne, mangelnde Brustentwicklung, Störungen des Menstruationszyklus und Unfruchtbarkeit sein.

Abbildung 3: Vergrösserung des Kitzlers bei normalen inneren Geschlechtsorganen
Vergrösserung des Kitzlers bei normalen inneren Geschlechtsorganen, Symptome beim androgenitalen Syndrom, Beschwerden beim androgenitalen Syndrom

Das adrenogenitale Syndrom kann je nach Veränderung der Erbinformation neben dem Androgenüberschuss mit einem Mineralokortikoidüberschuss oder einem Mineralokortikoidmangel, mit einem sogenannten Salzverlustsyndrom auftreten. Fällt durch die Veränderung der Erbinformation nur die Glukokortikoidproduktion aus zeigt sich bei Betroffenen neben dem Glukokortikoidmangel und dem Androgenüberschuss ein Mineralokortikoidüberschuss. Fallen die Glukokortikoidproduktion und zusätzlich die Mineralokortikoidproduktion aus, leiden Betroffene zusätzlich zu den Beschwerden durch den Glukokortikoidmangel und den Androgenüberschuss an den Beschwerden eines Mineralokortikoidmangels.

Bei einem Überschuss an Mineralokortikoiden ist im Blut zu viel Aldosteron vorhanden (siehe Abbildung 4). Aldosteron bewirkt in der Niere, dass Wasser und Natrium im Körper zurückbehalten werden und im Austausch Kalium mit dem Urin ausgeschieden wird. Durch die vermehrte Rücknahme von Wasser und Natrium in den Körper leiden Betroffene eines Mineralokortikoidüberschusses an einem Bluthochdruck und einem gesteigerten Durst mit häufigerem Wasserlösen auch in der Nacht. Durch die vermehrte Kaliumausscheidung mit dem Urin sinkt zudem die Menge an Kalium im Blut. Kalium hat allerlei Aufgaben im Körper. Durch einen Kaliummangel im Blut ist so eine breite Palette an Beschwerden möglich. Betroffene sind müde und kraftlos. Sie verspüren eine Muskelschwäche mit Muskelschmerzen, Krämpfen und wechselnden Lähmungserscheinungen. Wahrnehmungsstörungen wie ein Kribbeln sind möglich. Im Magendarmtrakt äussert sich der Kaliummangel mit einer Verstopfung, im Herz mit Herzrhythmusstörungen und im Kopf mit Kopfschmerzen und Sehstörungen.

Abbildung 4: Beschwerden bei einem Überschuss an Mineralokortikoiden
Beschwerden bei einem Überschuss an Mineralokortikoiden, Symptome bei einem Überschuss an Mineralkortikoiden

Bei einem Mangel an Mineralokortikoiden hat es hingegen zu wenig Aldosteron im Blut. So werden zu viel Natrium und Wasser mit dem Urin ausgeschieden und zu viel Kalium im Körper behalten. Wegen dem Natrium- und Wasserverlust mit dem Urin wird auch von einem Salzverlustsyndrom gesprochen. Die Beschwerden des Salzverlustsyndroms kommen durch die verminderte Flüssigkeitsmenge im Körper, den Natriummangel und den Kaliumüberschuss im Blut zustande. Betroffene Säuglinge zeichnen sich in den ersten Lebenstagen bis -wochen durch Trinkschwäche mit Nahrungsverweigerung, Erbrechen, Durchfall, Austrocknung und zunehmender Teilnahmslosigkeit aus. Ohne richtige und rechtzeitige Behandlung ist das Salzverlustsyndrom für das betroffene Kind lebensbedrohlich.

Eine spezielle Form des adrenogenitalen Syndroms ist das late-onset adrenogenitale Syndrom. Bei Betroffenen eines late-onset adrenogenitalen Syndroms treten nur milde Beschwerden auf. Die Kinder entwickeln sich zunächst unauffällig. Die äusseren Geschlechtsorgane sind bei Mädchen und Knaben bei der Geburt normal geformt. Im Kleinkindesalter können bei Mädchen und Knaben  eine vorzeitige Schambehaarung und Akne auftreten. Im Erwachsenenalter leiden Frauen ohne Behandlung an Störungen des Menstruationszyklus und der Empfängnis. Männer sind unfruchtbar. Die Körpergrösse betroffener Männer und Frauen ist im Erwachsenenalter etwa normal und im Durchschnitt der Bevölkerung.

Diagnose

An das Vorliegen eines adrenogenitalen Syndroms muss beim Neugeborenen gedacht werden, wenn Veränderungen an den äusseren Geschlechtsorganen vorhanden sind oder wenn Tage bis Wochen nach der Geburt Beschwerden im Sinne eines Salzverlustsyndroms auftreten. Bei Kindern mit verfrühten Pubertätszeichen oder bei Erwachsenen, die an einer Unfruchtbarkeit leiden, sollte ebenfalls ein adrenogenitales Syndrom bestätigt oder ausgeschlossen werden.

Je nach Land wird bei jedem Neugeborenen zwischen dem dritten und vierten Tag nach der Geburt eine spezielle Blutuntersuchung durchgeführt. Diese Untersuchung wird Guthrie-Test genannt. Mit dem Guthrie-Test können bestimmte Erkrankungen bei Neugeborenen ausgeschlossen werden, die unbedingt behandelt werden müssen, da sie ohne Behandlung innert kurzer Zeit zu schweren körperlichen und geistigen Schädigungen oder gar zum Tod des Kindes führen können. Das adrenogenitale Syndrom ist eine dieser Erkrankungen, die mithilfe des Guthrie-Tests frühzeitig erkannt und damit rechtzeitig behandelt werden können.

Besteht der Verdacht auf ein adrenogenitales Syndrom, sollte eine Blutuntersuchung durchgeführt werden. Im Blut Betroffener eines adrenogenitalen Syndroms hat es kaum Glukokortikoide. Dafür ist im Blut die Menge an Glukokortikoidvorstufen und an Androgenen stark erhöht. Die Menge an Mineralokortikoiden im Blut kann je nach Veränderung der Erbinformation vermehrt oder vermindert sein. Ist die Menge an Mineralokortikoiden vermehrt oder vermindert, ist das Salzgleichgewicht im Blut gestört. Ist die Menge an Mineralokortikoiden im Blut vermehrt, ist zu wenig Kalium und zu viel Natrium im Blut vorhanden. Ist die Menge an Mineralokortikoiden im Blut vermindert, gibt es zu viel Kalium und zu wenig Natrium im Blut. Zudem ist das Blut übersäuert. In einer Ultraschalluntersuchung des Bauches sind beim adrenogenitalen Syndrom beide Nebennieren stark vergrössert.

Wird bei einem Kind ein adrenogenitales Syndrom gefunden, sollte bei den Geschwistern des betroffenen Kindes überprüft werden, ob sie ebenfalls an einem adrenogenitalen Syndrom leiden und behandelt werden müssen. Wünschen sich die Eltern eines Kindes, das an einem adrenogenitalen Syndrom leidet, ein weiteres Kind, kann die Veränderung im Erbgut gesucht werden. In einer nächsten Schwangerschaft kann dann mittels einer Chorionzottenbiopsie oder einer Amniozentese beim Kind, das sich noch im Bauch der Mutter befindet, diese Veränderung im Erbgut gezielt gesucht und das Kind beim Vorliegen eines adrenogenitalen Syndroms bereits im Bauch der Mutter behandelt werden.

Therapie

Die Ursache des adrenogenitalen Syndroms kann bisher nicht behandelt werden, da es sich bei der Ursache um eine Veränderung der Erbinformation handelt, die mit den heutigen Möglichkeiten noch nicht rückgängig gemacht werden kann. Betroffene eines adrenogenitalen Syndroms müssen deshalb wegen des Glukokortikoidmangels lebenslang Kortison und bei einem zusätzlichen Mineralokortikoidmangel Aldosteron in Tablettenform einnehmen.

In der Folge normalisieren sich die Menge an Glukokortikoiden und Mineralokortikoiden im Blut. Das Hirnareal und die Hirnanhangsdrüse bemerken dies und hören auf, die Nebennierenrinde zu einer vermehrten Produktion anzutreiben. So nimmt die Androgenproduktion ab und die Menge an männlichen Sexualhormonen im Blut normalisiert sich. Die Nebennierenrinden schrumpfen wieder auf ihre normale Grösse zurück. Die Beschwerden des adrenogenitalen Syndroms verschwinden. Mit einer oder mehreren Operationen können die Veränderungen der äusseren Geschlechtsorgane, die nicht von alleine weggehen, korrigiert werden.

Bei schwangeren Frauen, die aus einer früheren Schwangerschaft bereits ein Kind mit einem adrenogenitalen Syndrom haben, besteht auch in der aktuellen Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko, dass beim Kind ein adrenogenitales Syndrom vorliegen könnte. Bei diesen Frauen besteht deshalb bei jeder weiteren Schwangerschaft der Verdacht auf ein Kind mit einem adrenogenitalen Syndrom und sie sollen bereits ab der fünften bis sechsten Schwangerschaftswoche Dexamethason einnehmen.

Dexamethason ist ein künstliches Glukokortikoid. Das eingenommene Dexamethason erreicht über das Blut der Mutter und den Mutterkuchen das Blut des Kindes. Dadurch wird der Glukokortikoidmangel im Blut, der beim adrenogenitalen Syndrom auftritt, beim Kind aufgehoben und Veränderungen durch das adrenogenitale Syndrom können beim Kind verhindert werden. Erst später in der Schwangerschaft kann mit einer Chorionzottenbiopsie oder einer Amniozentese das Kind im Bauch der Mutter untersucht werden und der Verdacht eines adrenogenitalen Syndroms bestätigt oder widerlegt werden. Besteht beim Kind ein adrenogenitales Syndrom, soll die schwangere Frau das Dexamethason während der restlichen Schwangerschaft weiter einnehmen. Wird der Verdacht auf ein adrenogenitales Syndrom widerlegt, kann die Schwangere mit der Dexamethasoneinnahme langsam aufhören. Die Einnahme von Dexamethason muss bereits in der fünften bis sechsten Schwangerschaftswoche begonnen werden, wenn die Diagnose eines adrenogenitalen Syndroms noch nicht feststeht, da bis zur Diagnose einige Wochen vergehen, in denen das Kind durch die veränderte Hormonlage beim adrenogenitalen Syndrom Schaden nehmen kann.

Prognose

Wird das adrenogenitale Syndrom rechtzeitig erkannt und mit Kortison und bei Bedarf Aldosteron gut eingestellt, haben Betroffene eine normale Lebenserwartung.

Autor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin
Editor/in:Dr. Julia Feucht, Ärztin
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ICD-10:E25
Zuletzt geändert:06.11.2016Zum Seitenanfang
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