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Synonyme: SIADH, Syndrom der inappropriaten ADH-Bildung, Schwartz-Bartter-Syndrom, ADH-Überproduktion, Syndrom der inadequaten ADH-Produktion
Beim ADH-Überschuss, der auch SIADH oder Schwartz-Bartter-Syndrom genannt wird, hat es im Blut eine zu grosse Menge an ADH, auch Vasopressin genannt. Verschiedene Ursachen können für einen ADH-Überschuss verantwortlich sein. Je nach Ursache wird zwischen einem hypothalamischen und einem extrazerebralen ADH-Überschuss unterschieden. Die Hauptbeschwerden beim ADH-Überschuss kommen durch die Wasseransammlung im Körper und die Verdünnung des Natriums im Blut zustande. Die Diagnose eines ADH-Überschusses wird mit Gespräch, körperlicher Untersuchung, Urin- und Blutuntersuchungen, einer Röntgenuntersuchung, einer Ultraschalluntersuchung, einer Magnetresonanztomographie MRI und/oder einer Computertomographie CT gestellt. Die Behandlung des ADH-Überschusses hängt von seiner Ursache ab
Beim ADH-Überschuss hat es im Blut eine zu grosse Menge an Vasopressin, dem sogenannten ADH, sodass sich zu viel Wasser im Körper von Betroffenen ansammelt und das Blut dadurch verdünnt wird. In der Fachsprache wird der ADH-Überschuss auch Syndrom der inappropriaten ADH-Bildung, SIADH oder Schwartz-Bartter-Syndrom genannt. Vasopressin, das auch Adiuretin oder antidiuretisches Hormon (ADH) genannt wird, ist ein lebenswichtiges Hormon, das im Hypothalamus einem bestimmten Areal des Gehirns, gebildet wird. Hormone sind Botenstoffe, die die Anweisungen des Körpers seinen einzelnen Organen mitteilen und Meldungen von den Organen an den Körper zurückgeben. Nach seiner Bildung wird das Vasopressin über den Hypophysenstiel vom Hypothalamus in den Hypophysenhinterlappen transportiert. Dort wird es gespeichert und bei Bedarf ins Blut abgegeben. Vasopressin ist an der Regulierung des Wasserhaushalts im Körper beteiligt, indem es der Niere befiehlt, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden.
Beim ADH-Überschuss wird zwischen einer hypothalamischen und einer extrazerebralen ADH-Überproduktion unterschieden. Bei der hypothalamischen ADH-Überproduktion wird, wie es der Name sagt, im Hypothalamus aus verschiedenen Gründen zu viel ADH hergestellt. Bei der extrazerebralen ADH-Überproduktion wird das ADH nicht wie im Normalfall im Hypothalamus, sondern ausserhalb des Gehirns an einem anderen Ort im Körper hergestellt.
Die Hirnanhangsdrüse ist ein kleines lebenswichtiges Organ, das im sogenannten Türkensattel etwa im Zentrum des Schädels unterhalb des Gehirns und damit etwa auf Höhe der Nasenwurzel sitzt (siehe Abbildung). Die Hirnanhangsdrüse besteht aus dem Hypophysenvorderlappen und dem Hypophysenhinterlappen. Der Hypophysenvorderlappen und der Hypophysenhinterlappen sind in ihrer Funktion voneinander unabhängig.
Der Hypophysenvorderlappen stellt sechs verschiedene Hormone her, mit denen er auf verschiedene Vorgänge im Körper einwirkt. Mit dem Wachstumshormon (GH) beeinflusst der Hypophysenvorderlappen eine Reihe von Stoffwechselprozessen und regt den Körper mit seinen Organen zum Wachstum an. Mit den zwei unterschiedlichen Gonadotropinen (LH und FSH) nimmt der Hypophysenvorderlappen Einfluss auf das Wachstum und die Sexualhormonproduktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau. Mit dem adrenocorticotropen Hormon (ACTH) reguliert der Hypophysenvorderlappen die Hormonproduktion in der Nebennierenrinde und ermöglicht es dadurch dem Körper, optimal auf Stresssituationen zu reagieren. Mit dem thyreoideastimulierenden Hormon (TSH) regt der Hypophysenvorderlappen in der Schilddrüse das Wachstum, die Jodaufnahme und die Schilddrüsenhormonproduktion an. Und mit dem Prolaktin ermöglicht der Hypophysenvorderlappen in der Brust die Produktion von Muttermilch.
Der Hypophysenhinterlappen selbst kann keine Hormone herstellen. Es speichert die vom Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, gebildeten Hormone Vasopressin und Oxytozin und schüttet sie bei Bedarf ins Blut aus. Vasopressin (ADH) reguliert den Wasserhaushalt im Körper und befiehlt dabei den Nieren, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden. Oxytozin erlaubt es der Brust, die gebildete Muttermilch nach aussen abzugeben.
Die Produktion und die Ausschüttung von Wachstumshormon, Gonadotropinen, adrenocorticotropem Hormon, thyreoideastimulierendem Hormon und Prolaktin im Hypophysenvorderlappen werden hauptsächlich durch den Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, gesteuert. Dazu stellt der Hypothalamus gewisse Substanzen her. Ebenso werden die Speicherung und die Ausschüttung von Vasopressin und Oxytozin im Hypophysenhinterlappen durch den Hypothalamus geregelt.
Ursache für einen hypothalamischen ADH-Überschuss können Veränderungen im Bereich des Schädels durch Unfälle mit einem Schädel-Hirn-Trauma, Tumoren, Blutungen, Gefässverschlüsse, Entzündungen des Gehirns oder der Hirnhäute sein.
Ein Tumor ist eine Gewebevermehrung, die ohne Erlaubnis oder Aufforderung des Körpers entsteht. Ein Tumor des Hypothalamus produziert zudem soviel ADH, wie er möchte. Es interessiert den Tumor nicht, wieviel ADH der Körper benötigt. Aber auch Erkrankungen anderer hormonproduzierender Organe, wie eine Unterfunktion der Nebennieren, oder nicht bösartige Erkrankungen der Lunge wie eine Lungenentzündung oder eine Tuberkulose, können den Hypothalamus zu einer vermehrten ADH-Bildung antreiben. Zudem können gewisse Medikamente, die beispielsweise in der Krebsbehandlung oder gegen Depressionen angewandt werden, eine Zunahme der ADH-Produktion im Hypothalamus bewirken, die Ausschüttung des ADH aus dem Hypophysenhinterlappen ins Blut fördern oder die Wirkung von ADH im Körper verstärken.
Der extrazerebrale ADH-Überschuss kann bei einer Reihe von bösartigen Tumoren des Körpers, vor allem aber beim bösartigen Tumor der Lunge oder der Bauchspeicheldrüse auftreten. Ein Tumor ist eine Gewebevermehrung, die ohne Erlaubnis oder Aufforderung des Körpers entsteht. Der Unterschied zwischen den gutartigen und den bösartigen Tumoren ist, dass die bösartigen Tumoren sich in das umliegende Gewebe einfressen und sich über das Blut und die Lymphflüssigkeit im ganzen Körper ausbreiten können. Sie können dadurch an anderen Orten im Körper Tochtergeschwülste bilden, sogenannte Ableger oder Metastasen.
Beim extrazerebralen ADH-Überschuss können die bösartigen Tumore zudem selbst ADH herstellen. Die bösartigen Tumoren stellen so viel ADH her, wie sie möchten. Es interessiert sie nicht, ob es schon genügend ADH im Körper hat. Ein ADH-Überschuss ist deshalb die Folge. In der Fachsprache wird von einem sogenannten paraneoplastischen Syndrom gesprochen, wenn ein bösartiger Tumor Substanzen herstellt, die zu Veränderungen im Körper führen.
Bei einem ADH-Überschuss hat es zu viel Vasopressin im Blut. Vasopressin ist an der Regulierung des Wasserhaushalts im Körper beteiligt, indem es der Niere befiehlt, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden. Betroffene eines ADH-Überschusses scheiden deshalb viel weniger Flüssigkeit mit dem Urin aus als gesunde Personen, sodass die Menge an Urin abnimmt, die Menge an Wasser im Körper immer grösser wird und das Blut dadurch zunehmend verdünnt wird (siehe Abbildung 1). Aber nicht nur das Blut, sondern auch die Inhaltsstoffe des Blutes, vor allem das Natrium, werden verdünnt.
Durch die Ansammlung des Wassers im Körper nehmen Betroffene eines ADH-Überschusses stark an Gewicht zu. Die Betroffenen leiden trotz der vermehrten Menge an Wasser im Körper aus bisher nicht bekanntem Grund aber nicht an Wassereinlagerungen ins Gewebe, sogenannten Ödemen mit Zunahme des Bein- und Bauchumfangs. Die Hauptbeschwerden beim ADH-Überschuss kommen durch die Verdünnung des Natriums im Blut zustande. Diese Beschwerden durch die Verdünnung des Natriums hängen bei Betroffenen eines ADH-Überschusses von der Geschwindigkeit ab, mit der das Natrium im Blut verdünnt wird. Wird das Natrium im Blut nur langsam verdünnt, bemerken die Betroffenen meist erst Beschwerden, wenn das Natrium schon sehr stark verdünnt ist.
Es werden ungewohnte Kopfschmerzen, vermehrte Schläfrigkeit und ein neu aufgetretenes Unbeteiligtsein beklagt. Bei einer sehr raschen Verdünnung des Natriums im Blut treten schon bei geringer Verdünnung des Natriums Beschwerden bei den Betroffenen auf. Kopfschmerzen, Brechreiz und Erbrechen werden dann als Beschwerden aufgezählt. Sowohl bei der langsamen als auch bei der raschen Verdünnung des Natriums im Blut lagert sich ab einer gewissen Verdünnung des Natriums Wasser im Gehirn ein und stört dadurch die Aufgaben des Gehirns. Es wird von einem sogenannten Hirnödem gesprochen. Dies zeigt sich bei Betroffenen mit zunehmender Unruhe und Verwirrtheit. Das Hirnödem kann schliesslich bei weiter zunehmender Verdünnung des Natriums im Blut ohne rechtzeitige und richtige Behandlung zu Krämpfen und Koma führen und tödlich enden.
Durch die Veränderung im Bereich des Hypothalamus kann nicht nur die Produktion von Vasopressin im Hypothalamus beeinflusst werden, sondern auch die Hormonproduktion in der Hirnanhangsdrüse, da der Hypothalamus die Produktion in der Hirnanhangsdrüse steuert. Betroffene leiden dann an zusätzlichen Beschwerden durch die vermehrte oder verminderte Produktion dieser Hormone. Ebenfalls leiden Betroffene, bei denen ein bösartiger Tumor für den ADH-Überschuss verantwortlich ist, nicht nur an den Beschwerden des ADH-Überschusses, sondern auch an anderen Beschwerden durch den bösartigen Tumor. Diese Beschwerden werden in den entsprechenden Kapiteln besprochen.
Treten bei einer Person anhaltende Beschwerden im Sinne eines ADH-Überschusses auf, sollte ein Arzt zur weiteren Abklärung und bei Bedarf Behandlung aufgesucht werden. Der Arzt wird den Betroffenen in einem ausführlichen Gespräch nach Beschwerden und Veränderungen, wie dem Gewichtsverlauf, der Trinkmenge und der Urinmenge fragen, die ihm einen Hinweis auf einen ADH-Mangel und dessen Ursache geben. Weiter wird er sich nach durchgemachten oder noch anhaltenden Erkrankungen und Therapien erkundigen, die einen ADH-Überschuss zur Folge haben können. Bei Personen, die innert kürzester Zeit aus unerklärlichem Grund fünf bis zehn Prozent an Körpergewicht zugenommen haben, ohne dass Ödeme aufgetreten sind, sollte der Arzt hellhörig werden. Anschliessend wird der Arzt den Betroffenen von Kopf bis Fuss untersuchen.
In einer Blutentnahme kann die Verdünnung des Blutes und des Natriums nachgewiesen werden. Teilweise wird eine Verdünnung des Blutes und des Natriums auch in einer Routineuntersuchung des Blutes festgestellt, ohne dass vorher ein Verdacht auf einen ADH-Überschuss bestand. In einer Untersuchung des Urins kann bei einem ADH-Überschuss zudem festgestellt werden, dass der Urin stark konzentriert ist. Diese Messungen im Urin verstärken den Verdacht auf einen ADH-Überschuss. Um den Verdacht auf einen ADH-Überschuss zu bestätigen, kann die Menge an ADH im Blut gemessen werden. Die Menge an ADH ist bei einem ADH-Überschuss im Blut erhöht.
Wurde die Diagnose eines ADH-Überschusses gestellt, muss die Ursache für den ADH-Überschuss gesucht werden, wenn diese noch nicht bekannt ist. Sind Medikamente für den ADH-Überschuss verantwortlich, zeigt sich das bereits im Gespräch. Veränderungen im Bereich des Hypothalamus, der Lunge, der Niere oder bösartige Tumoren können mit bildgebenden Untersuchungen wie Röntgenuntersuchungen, Ultraschalluntersuchungen, Computertomographien CT oder Magnetresonanztomographien MRI gesehen werden.
Im Blut kann bei einem ADH-Überschuss zudem die Menge derjenigen Hormone gemessen werden, die neben dem ADH vom Hypothalamus hergestellt werden oder deren Produktion in der Hirnanhangsdrüse vom Hypothalamus gesteuert wird. Auf diese Weise zeigt sich, ob der Betroffene nur an einem ADH-Überschuss leidet oder ob der ADH-Überschuss noch von einem Mangel oder einem Überschuss anderer Hormone begleitet wird.
Die Behandlung eines ADH-Überschusses hängt von dessen Ursache ab. Es sollte immer die Ursache behandelt werden, wenn dies möglich ist. Ist die Behandlung beispielsweise einer Lungenentzündung oder einer Hirnhautentzündung erfolgreich oder können verursachende Medikamente ohne Risiko für den Betroffenen gestoppt oder durch andere Medikamente ersetzt werden, verschwindet der ADH-Überschuss. Bis die Behandlung erfolgreich ist und der ADH-Überschuss sich normalisiert hat, soll der Betroffene nur noch etwa einen Liter am Tag trinken.
Dadurch dass der Betroffene weniger Flüssigkeit zu sich nimmt, nimmt die Menge an Wasser im Körper ab. Das Gewicht sinkt, das Blut und dadurch auch das Natrium werden weniger verdünnt und die Beschwerden Betroffener verbessern sich. Die Trinkmenge soll auch dann vom Betroffenen vermindert werden, wenn die Ursache des ADH-Überschuss nicht behoben werden kann. Die Behandlung des ADH-Überschusses kann zusätzlich mit bestimmten urinfördernden Medikamenten unterstützt werden, die die Wirkung des ADH in der Niere aufheben.
Leidet ein Betroffener eines ADH-Überschusses an einer starken Verdünnung des Natriums mit Kopfschmerzen, Erbrechen, Unbeteiligtsein oder gar einem Hirnödem, muss der Betroffene in einem Spital behandelt werden. Die Trinkmenge muss wiederum eingeschränkt werden und zusätzlich sollte dem Betroffenen mit einer Infusion langsam eine Kochsalzlösung, die Natrium enthält, in eine Vene gegeben werden. Durch die eingeschränkte Flüssigkeitsmenge und die Gabe von Natrium nehmen die Verdünnung des Natriums im Blut und damit die Beschwerden des Betroffenen ab.
Wird der ADH-Überschuss von einem Mangel oder einem Überschuss anderer Hormone begleitet, die vom Hypothalamus hergestellt werden oder deren Produktion in der Hirnanhangsdrüse vom Hypothalamus gesteuert wird, müssen Betroffene diese Hormone lebenslang einnehmen.
Die Prognose eines ADH-Überschusses hängt von dessen Ursache ab.
Autor/in: | Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin | |
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Editor/in: | Dr. Julia Feucht, Ärztin | |
Keywords: | ADH-Überschuss, ADH Überschuss, SIADH-Syndrom, Syndrom der inappropriaten ADH-Bildung, Schwartz-Bartter-Syndrom, hypothalamischer ADH-Überschuss, orthotope ADH-Überproduktion, extrazerebraler ADH-Überschuss, ektope ADH-Überproduktion, hypothalamische ADH-Überproduktion, extrazerebrale ADH-Überproduktion, SIADH, inadequate ADH-Produktion, Syndrom der inadequaten ADH-Produktion, ADH, Vasopressin, Adiuretin, antidiuretisches Hormon, Hypothalamus, Hypophysenhinterlappen, Hirnanhangsdrüse, Hyponatriämie, Abnahme Osmolarität des Blutes, Natriummangel, Wassereinlagerung ohne Ödeme, hypotone Hyperhydratation mit Hyponatriämie, hyperosmolarer Urin, Hypernatriurie, erniedrigte Plasmaosmolarität, Hirnödem, Flüssigkeitsrestriktion | |
ICD-10: | E22.2 | |
Zuletzt geändert: | 06.11.2016 | Zum Seitenanfang |
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